Angehört, Musik
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Ein Hype um nichts als heiße Luft: „25“ von Adele

Ausführlich erläutern einschlägige Beauty-Seiten im Netz, wie frau sich wie Adele schminken kann. Wer will da noch bestreiten, dass Adele eine Pop-Queen ist? (Foto: Albumcover, XL recordings)

Hofberichterstattung. Wie anders sollte ich den unfassbaren Hype um das neue Album von Adele nennen? Adele ist die Queen des Pop und alle huldigen ihr und ihrem dritten Album „25“. Was mich bei den Engländern wenig verwundert, die sind schließlich für ihre royalen Verrücktheiten weltweit bekannt, irritiert mich bei den einschlägigen deutschen Medien dann doch.

Was soll diese Sängerin haben, was andere nicht haben? Eine außergewöhnliche Stimme, die auf den beiden Alben „19“ und „21“ herrlich in Szene gesetzt wurde, und mit „Skyfall“ einen James Bond-Titelsong wie kaum einen zweiten abgeliefert hat. Okay. Rechtfertigt das ohne Kenntnis der neuen Songs ihres dritten Albums aber diesen Hype? Natürlich nicht, zumal die erste Auskopplung „Hello“ schlimmstes befürchten ließ. Wenn das aus Sicht der Produzenten ein starker Song sein soll, wie schwach sind dann die weiteren zehn Titel? Teilweise noch deutlich schlechter, ist die ernüchternde Erkenntnis nach dem Hören von „25“.

Nur ein guter Song: „When we were young“

Fangen wir aber mit dem positiven an, was mit „When we were young“ auf dem Album auch zu finden ist. Eine im besten Sinne altmodische Klavierballade, bei der Adele ihre Stimme zwischen Tiefen und Höhen wunderbar ausloten kann. Ein Song, bei dem man in diesen grauen Novembertagen aus dem Fenster schaut als wenn draußen Frühling wäre. Einfach schön und bestens zum endlosen Hören geeignet. Doch die anderen Balladen (von denen es auf diesem Album viel zu viele gibt) mit Klavier, Streichern und aus der Tiefe gehauchtem Background-Gesummse folgen alle dem ewig gleichen Muster. Rhythmus vorgeben, Adele bringt ihre Stimme als laues Lüftchen in Stellung, um sie dann in orkanartige Höhen zu treiben, danach ebbt sie für ein paar Strophen wieder ab, bevor der Orkan wieder aufzieht – und das in Endlosschleife. Dabei klingt Adeles Stimme dermaßen glattgebügelt und beliebig, dass ich mich Frage, ob sie das im Studio so eingesungen hat oder die Tontechniker für diesen Bullshit verantwortlich sind. Das hat nichts mehr mit Adeles Stimme zu tun, mit der sie Millionen Fans begeistert hat und für die sie zurecht geliebt wird.

Dieses Album bietet nichts Neues

Sollte ich noch einen weiteren guten Titel ausmachen müssen, dann mit einigen Abstrichen und Augen zu und durch „I miss you“, weil dieser früheren Adele-Songs noch am nächsten kommt. Dies mag wenig positiv klingen und leider ist es auch so, schließlich erwarte ich von einer Sängerin von Adeles Format eine musikalische Weiterentwicklung. Doch die zahlreichen Songschreiber und Produzenten dieses Albums lassen genau dies vermissen – etwas Neues. Stattdessen schreiben und arrangieren sie einen einfallslosen Einheitsbrei, bei dem vieles so klingt, als sei es mit Werbefirmen entwickelt worden, um später einmal deren Produktwerbung damit zu unterlegen. Wie dieses „Send my love (to your new lover)“, bei dem mühelos eine bonbonfarbene Werbewelt vor dem geistigen Auge erscheint.

Dieses Album ist Kaufhausmusik, die auch im Fahrstuhl und auf dem Parkplatz des Kaufhauses laufen kann, aber nicht Zuhause. Mit Blick auf den Hype, offenbar ein Album auf das die Musikwelt gewartet hat, aber mit Kenntnis der Songs ein Album, das die Musikwelt nicht braucht. Sorry, liebe Pop-Queen, aber für „25“ gibt’s an dieser Stelle keine Hofberichterstattung. Aber was wäre eine Monarchie auch ohne Ketzer…

Anspiel-Tipp: „When we were young“, „I miss you“
Bewertung: 1 von 5 Punkten

Kategorie: Angehört, Musik

von

In einer Ramsch-Kiste mit Taschenbüchern wurde ich, gerade mal 10 Jahre alt, fündig. Das – wie ich im Nachhinein feststellte – inkompetenteste Film-Nachschlagewerk dieser Erde, „Das Lexikon des Science-Fiction-Films“ von Roland M. Hahn, weckte mein Interesse für bewegte Bilder. Ich „zerlas“ es völlig (und auch seine nicht weniger missratenen Nachfolger über die Genres „Fantasy“ und „Horror“). Echtes Interesse für die Pop- und Rockmusik kam dagegen erst Jahre später – mit der ersten eigenen kleinen Hifi-Anlage und der CD „The Road to Hell“ von Chris Rea.

1 Kommentare

  1. Andreas sagt

    Sehr lesbare Kritik, obwohl ich finde, dass Künstler nicht immer eine Weiterentwicklung in ihrer Musik vornehmen müssen. Bestes aktuelles Beispiel: Von Brücken. Der ehemalige Frontmann von Jupiter Jones war früher eine a Garant für abwechslungsreiche Musik. Nun aber glatt gebügelte farblose Popmusik.
    Also für mich zwei von fünf.

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