Dagewesen, Musik
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Dave Stewart auf Tour – und kaum einer geht hin!

Dave Stewart bei seinem Auftritt in Köln. (Foto: Björn Othlinghaus)

Bis vor wenigen Wochen glaubte ich nicht mehr daran, Dave Stewart einmal auf der Bühne erleben zu dürfen, ohne mich ins Flugzeug setzen und dem sonnigen Kalifornien, wo der ehemalige Eurythmics-Mastermind lebt und arbeitet, einen Besuch abstatten zu müssen. Seit rund 20 Jahren wartete ich geduldig auf die phasenweise nur noch extrem spärlich erscheinenden Alben, die der von mir sehr geschätzte Musiker nach dem Ende seiner erfolgreichen Ära mit Annie Lennox unter eigenem Namen veröffentlichte. Dabei handelte es sich bis zu seiner deutlichen musikalischen Neuorientierung im Jahr 2010 um eine recht bunte Mixtur. Neben einem noch stark in den 80er Jahren verwurzelten Album mit Terry Hall produzierte er eine fabelhafte („Dave Stewart and the Spiritual Cowboys“) und eine bis auf den Titel „Crown of Madness“ recht sperrige („Honest“) Veröffentlichung mit seiner Rock-Formation „Spiritual Cowboys“, diverse Soundtracks, seine Solo-Alben „Greetings from the Gutter“ (mit dem veritablen Hit „Heart of Stone“) und „Sly Fy“ sowie die etwas kuriose, hierzulande nicht erschienene musikalische Liaison mit dem indischstämmigen Autor und Alternativmediziner Deepak Chopra.

Dave Stewart live in DeutschlandObwohl ich die Eurythmics immer gern gehört habe, erschien mir vieles, was nach dem internationalen Star-Ruhm aus der Feder von Dave Stewart kam, noch interessanter als die zweifellos bahnbrechenden Werke des Pop-Duos. Während Annie Lennox bei ihren ebenfalls sehr erfolgreichen Solo-Werken insbesondere auf ihre großartige Stimme setzte, dabei jedoch zahlreiche namhafte Songwriter und Produzenten engagierte, um die Songs aufzupeppen, nahm Stewart auch in diesen Bereichen oft das Heft selbst in die Hand. Mit seinen letzten drei Longplayern, „The Blackbird Diaries“, „The Ringmaster General“ und „Lucky Numbers“, die er jenseits der großen Plattenlabels mit der eigenen Firma „Weapons of Mass Entertainment“ produzierte und die deshalb zumindest in Europa zu Unrecht kaum Beachtung fanden, leitete er einen musikalischen Richtungswechsel ein hin zu einer spannenden Mischung aus Blues-, Country-, Rock- und Pop-Elementen.

Dave Stewart live in Deutschland

Fruchtbare Kooperationen mit namhaften Künstlern, unter anderem aus der US-amerikanischen Country-Szene, aber auch mit international erfolgreichen Musikern wie Stevie Nicks („Fleetwood Mac“) oder Colbie Caillat bildeten die Sahnehäubchen dieser zwischen 2010 und 2013 erschienenen Longplayer. Der Umstand, dass sich der einstige Superstar mit den Jahren zu einem erstaunlichen künstlerischen Multitalent entwickelt hat, das sich auf unzähligen kreativen Feldern tummelt und dabei viel Gelungenes auf den Weg gebracht hat und bringt, hielt ebenfalls mein Interesse an diesem Künstler zwei Jahrzehnte lang wach. Aufgeblasene Windeier wie Justin Bieber, Mariah Carey oder Britney Spears, die bestenfalls ein wenig singen und tanzen können und ansonsten öffentlichkeitswirksam ihre Starallüren pflegen, gibt es schließlich zur genüge in der Musikbranche. Vielseitig begabte Künstler verabschieden sich dagegen nicht selten freiwillig aus dem Rampenlicht, in dem sie vielleicht einmal gestanden haben, um sich jenseits des Starrummels und ohne den Druck der großen Plattenfirmen verwirklichen zu können. In diese Kategorie fällt auch Dave Stewart.

Nach seiner Eurythmics-Zeit machte sich der gebürtige Brite nicht nur als Musiker, sondern auch als Produzent bekannter Größen wie Mick Jagger, Ringo Starr oder John Bon Jovi sowie als Songwriter für Beyoncé, Celine Dion, Sinhead O’Connor und zahlreicher weiterer Stars einen Namen, ganz zu schweigen von seinen erfolgreichen Betätigungsfeldern als Förderer junger Talente im Musikbusiness, Fotograf, Buchautor, Filmemacher, CEO seines eigenen Unternehmens „Weapons of Mass Entertainment“, Gründer einer Bank für Musiker, Fernsehmoderator sowie umtriebiger Nutzer des Internets und der meisten sozialen Netzwerke (wo er unkompliziert und ohne jegliche Allüren mit seinen Anhängern persönlichen Kontakt pflegt, was ich selbst erleben durfte).

Dave Stewart live in Deutschland

Auf eine Deutschland-Tour von Dave Stewart wartete ich lange vergebens, Live-Auftritte gab es fast ausschließlich in den USA und Australien. Im Jahre 2009 wurde ich kurz hellhörig, als ein Konzert in Dresden angekündigt wurde, das jedoch kurz darauf ohne Angabe von Gründen wieder aus dem Angebot der Ticket-Shops verschwand. Umso erfreuter war ich, als ich Mitte 2013 im Internet zufällig auf die Ankündigung einer Deutschlandtour des Künstlers traf. Zusammen mit meinem Autorenkollegen Michael fuhr ich zum Auftakt-Konzert nach Köln, wo wir erwarteten, dass angesichts der nicht unbeträchtlichen Reputation des Künstlers und seines Erfolges mit den „Eurythmics“ zumindest der kleine Veranstaltungssaal der „Kantine“ prall gefüllt sein müsste. Dass sich dort (großzügig geschätzt) an diesem Abend nicht einmal 200 Personen einfanden, war für mich Freude und Enttäuschung zugleich. Freude darüber, Stewart einmal direkt vom Bühnenrand aus erleben zu können, Enttäuschung jedoch mit Blick auf die Künstler, die vor einer so traurigen Kulisse spielen mussten.

Autogrammstunde in HamburgAutogrammstunde in Hamburg

Die Musiker lieferten – trotz anfänglicher Koordinationsschwierigkeiten der neu zusammengestellten Band – eine tolle Show ab, an die ich mich gerne zurückerinnere (was auf den erstklassigen Support-Act, die Sängerin „Saint Lu“ aus Österreich, ebenfalls zutrifft). Stewarts erst 13 Jahre alte Tochter Kaya erwies sich zudem als großartige Sängerin. Einige Tage später entschloss ich mich spontan, eine kleine Autofahrt vom Sauerland in den hohen Norden nach Hamburg auf mich zu nehmen und auch noch den Gig im legendären „Mojos“ auf der Reeperbahn zu besuchen. Bestärkt in meinem Entschluss wurde ich durch den Umstand, dass Stewart im größten Saturn-Markt Deutschlands direkt am Hamburger Hauptbahnhof eine Signierstunde gab, die ich zuvor ebenfalls besuchte und zu der, zumindest für Hamburger Maßstäbe, durchaus viele Menschen kamen. Beim Auftritt im „Mojos“ fanden sich schließlich doch ein paar mehr Leute ein als in Köln, jedoch kam auch dieses Konzert – geschätzt – kaum über 250 bis 300 Besucher hinaus. Wie ich im Nachhinein von fachkundiger Seite hörte, war wohl auch eine unprofessionelle PR der Grund dafür, weshalb in Deutschland Konzerte im Rahmen der Tour abgesagt oder in kleinere Locations verlegt werden mussten, was umso ärgerlicher ist, da sich Stewart wohl nicht mehr so schnell dazu entscheiden wird, wieder für Konzerte nach Deutschland zu kommen.

Obwohl mir die mageren Besucherzahlen zwei mal einen Platz direkt vor der Bühne beschert haben, hätte ich mich doch gefreut, wenn hierzulande mehr Menschen diesen großartigen Künstler nicht nur aufgrund längst vergangener Eurythmics-Tage, sondern aus der aktuellen Perspektive heraus kennen und schätzen gelernt hätten. Dave Stewart ist nicht nur auf seinen Websites www.davestewart.com und www.weaponsofme.com, sondern auch bei Facebook, Twitter, Youtube und Myspace aktiv.

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In einer Ramsch-Kiste mit Taschenbüchern wurde ich, gerade mal 10 Jahre alt, fündig. Das – wie ich im Nachhinein feststellte – inkompetenteste Film-Nachschlagewerk dieser Erde, „Das Lexikon des Science-Fiction-Films“ von Roland M. Hahn, weckte mein Interesse für bewegte Bilder. Ich „zerlas“ es völlig (und auch seine nicht weniger missratenen Nachfolger über die Genres „Fantasy“ und „Horror“). Echtes Interesse für die Pop- und Rockmusik kam dagegen erst Jahre später – mit der ersten eigenen kleinen Hifi-Anlage und der CD „The Road to Hell“ von Chris Rea.

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