Märkischer Kreis, Regionales
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Kommentar: Kulturzwang für Kinder und Jugendliche in Lüdenscheid?

(Foto: Björn Othlinghaus)
Eine Aufführung von Mozarts „Zauberflöte“ für Kinder im Kulturhaus. (Foto: Björn Othlinghaus)

Der Aufschrei in den sozialen Netzwerken ist groß!

Sollen in Lüdenscheid tatsächlich einmal im Jahr Schülerinnen und Schüler zum Besuch einer Veranstaltung im Kulturhaus gezwungen werden, und diese dann auch noch aus eigener Tasche bezahlen? Empörte Kommentare machen auf Facebook die Runde. Werden Kids in Veranstaltungen, die ihnen Unterhaltung und Bildung gleichermaßen oder gar eine Abwechslung zum tristen Alltag vor dem Computer bieten, quasi von Lehrern und Kulturhausleitung gegen ihren Willen hineingezwängt? Müssen Eltern die Privatinsolvenz fürchten, damit Jugendliche einmal jährlich eine Kulturveranstaltung genießen können, die eventuell ihren Horizont erweitert und ihnen ein nicht alltägliches Erlebnis bescheren könnte? Fragen über Fragen, die sich offensichtlich viele angesichts des nun geschlossenen Kooperationsvertrages zwischen einigen Lüdenscheider Schulen und dem Kulturhaus stellen. Worum geht es dabei eigentlich genau?

Das Hip-Hop-Festival im Kulturhaus war ein voller Erfolg. (Foto: Björn Othlinghaus)

Das Hip-Hop-Festival im Kulturhaus war ein voller Erfolg. (Foto: Björn Othlinghaus)

Kinder und Jugendliche der kooperierenden Schulen sollen einmal im Jahr gemeinsam ein Stück im Kulturhaus besuchen. Und ja, sie sollen einen Eintrittspreis für die Karte aufbringen, der für jeden Grundschüler 4 Euro und für jeden Schüler einer weiterführenden Schule 5 Euro beträgt. Eine schlaue Person hat einmal gesagt: „Was nix kostet, das ist auch nix!“, und ich finde, damit hatte sie recht. Kultur, egal ob es um Musik, Film, Theater oder was auch immer geht, ist heute mehr und mehr zu einem Wegwerfprodukt geworden, das man im Netz herunterlädt, ein paar Tage oder möglicherweise auch nur einige Minuten oder gar Sekunden konsumiert und dann entsorgt. Zahlen möchte man dafür, wenn überhaupt, so wenig wie möglich – die Arbeit, die Künstler in die Produktion dieser kulturellen Ware gesteckt haben, interessiert kaum noch jemanden. Eine traurige Entwicklung, der man etwas entgegensetzten sollte. Wenn ich mich an meine Schulzeit erinnere, gab es eine Menge gemeinsame Veranstaltungen, deren Kosten von den Eltern ganz oder teilweise getragen werden mussten. Es wurden Klassenfahrten, Tagesausflüge in andere Städte, Museumsbesuche, Musicalaufführungen, mehrtägige Aufenthalte im SGV-Heim Wiehardt und vieles, vieles mehr durchgeführt.

Oper auf internationalem Niveau: Don Carlos im Lüdenscheider Kulturhaus. (Foto: Björn Othlinghaus)

Oper auf internationalem Niveau: Don Carlos im Lüdenscheider Kulturhaus. (Foto: Björn Othlinghaus)

Gerne erinnere ich mich noch heute an eine Aufführung von „Starlight Express“ in Bochum, das allererste Mal, dass ich und sicher auch viele andere Kinder in meiner Klasse eine Musical-Aufführung erleben durften. Obwohl die Karten für eine große Schülergruppe preiswerter waren, war dies ganz bestimmt kein billiges Vergnügen. Von vielen gemeinsamen Klassenfahrten, die ebenfalls oft kulturelle Bestandteile aufwiesen, zehre ich noch heute. Für diese Aktionen und Fahrten brachten die Eltern ein vielfaches an Geld auf, als jener Betrag, um den es beim Kooperationsvertrag mit den Schulen und dem Kulturhaus geht, um ihren Kindern gemeinschaftliche Erlebnisse, eben auch in kultureller Hinsicht, zu bieten, und sie taten das meist ohne jedes Murren und Knurren. Bei Familien, die sich den finanziellen Beitrag nicht leisten konnten, fand sich damals und findet sich auch heute immer ein Weg, das Geld aufzubringen. Besucht man heute eine Kinovorstellung, kann man dafür, wenn man 3D-Zuschlag, 3D-Brille, Getränke und Knabbereien mit einrechnet, ganz locker zwischen 15 und 20 Euro und mehr pro Kopf ausgeben, und bekommt dafür einen Film präsentiert, den in vielen Kinocentern noch nicht mal mehr ein Vorführer starten muss, weil alle Vorstellungen gesammelt programmiert werden und das komplette Programm vollkommen automatisch abläuft. Wie ungleich größer ist doch der Aufwand für ein Theaterstück, bei dem Schauspieler, Regisseur, Bühnenbauer, Beleuchter und viele anderen Menschen mehr bei jeder einzelnen Aufführung ihr Bestes geben, um dem Publikum das maximale Erlebnis bieten zu können.

Kinder und Jugendliche sollen für Veranstaltungen im Kulturhaus begeistert werden. (Foto: Björn Othlinghaus)

Kinder und Jugendliche sollen für Veranstaltungen im Kulturhaus begeistert werden. (Foto: Björn Othlinghaus)

Ich glaube, dass ein gemeinsamer Theaterbesuch pro Schule im Jahr dazu beitragen kann, dass junge Menschen das Theater mit all seinen Facetten überhaupt erst einmal kennenlernen, um dann den Aufwand sowie die mentale wie körperliche Anstrengung zu erkennen und wertzuschätzen, die hinter einer Theater- oder Ballettaufführung, einem Konzert oder einem Kleinkunst- oder Comedyabend stecken. Zudem bin ich mir sicher, dass hinter den Kooperationsverträgen nicht wirklich ein Zwang für die Schülerinnen und Schüler steckt und kann mir nicht vorstellen, dass Kinder und Jugendliche, die nicht mit ins Theater wollen, in Handschellen dorthin verfrachtet werden und die 4 bzw. 5 Euro anschließend durch den Gerichtsvollzieher eingezogen werden. Letztlich wird auch diese Suppe sicher nicht so heiß gegessen, wie sie gekocht wird. Die Kooperationsverträge sind ein guter Baustein auf dem Weg, Kindern und Jugendlichen das Theater im Allgemeinen und das Kulturhaus im Besonderen wieder näher zu bringen und deshalb, zumindest aus meiner Sicht, eine gute Sache!

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In einer Ramsch-Kiste mit Taschenbüchern wurde ich, gerade mal 10 Jahre alt, fündig. Das – wie ich im Nachhinein feststellte – inkompetenteste Film-Nachschlagewerk dieser Erde, „Das Lexikon des Science-Fiction-Films“ von Roland M. Hahn, weckte mein Interesse für bewegte Bilder. Ich „zerlas“ es völlig (und auch seine nicht weniger missratenen Nachfolger über die Genres „Fantasy“ und „Horror“). Echtes Interesse für die Pop- und Rockmusik kam dagegen erst Jahre später – mit der ersten eigenen kleinen Hifi-Anlage und der CD „The Road to Hell“ von Chris Rea.

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