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Kultstädte-Kulturwoche Laut & Leise – Ein Rückblick

(Foto: Björn Othlinghaus)
Die Musiker der Band Otherside warben am Vorabend mit einem kurzen Auftritt für ihr Konzert. (Foto: Björn Othlinghaus)

Die Kulturwoche „Laut & Leise“ des Vereins Kultstädte ist zuende, und die Veranstalter des Vereins Kultstätte e. V. ziehen ein positives Fazit.

Sieben Tage lang gestalteten Künstler aus Lüdenscheid und dem Ruhrgebiet ein abwechslungsreiches Programm, das nicht zuletzt auch dazu beitragen sollte, dass sich Deutsche und Flüchtlinge in ungezwungenem Rahmen näherkommen. Auf zwei Veranstaltungen, einen Auftritt der Albert Singers aus Halver sowie eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Jazzclub Lüdenscheid, gehe ich in diesem Beitrag nicht näher ein, da ich nur fünf der insgesamt sieben Veranstaltungen besuchen konnte. Um diese fünf Konzerte und Sessions geht es im nachfolgenden Beitrag. Die Kulturwoche, deren Veranstaltungen alle in der Lüdenscheider Szene-Location „Stock“ stattfanden, startete mit dem seit langem bereits als separate Reihe dort etablierten „Breakfastclub“.

Beim Breakfast-Club wurde das Duo HonigMut mit Nando Andreas (Gesang, Gitarre) und Melina Fuhrmann (Gesang) durch Rudolf F. Nauhauser (Saxophon) und Dominik Honzig (Percussion) unterstützt. (Foto: Björn Othlinghaus)

Beim Breakfast-Club wurde das Duo HonigMut mit Nando Andreas (Gesang, Gitarre) und Melina Fuhrmann (Gesang) durch Rudolf F. Nauhauser (Saxophon) und Dominik Honzig (Percussion) unterstützt. (Foto: Björn Othlinghaus)

Einmal mehr vereinte die Veranstaltung Kulturgenuss mit einem gemütlichen Beisammensein und einem guten Frühstück. Auf der Bühne stand diesmal das Duo HonigMut, bestehend aus den beiden Musikern Nando Andreas (Gesang, Gitarre) und Melina Fuhrmann (Gesang), die an diesem Vormittag überwiegend selbst komponierte Stücke in deutscher Sprache zu Gehör brachten. Als Gastmusiker hatten die beiden den Saxophonisten Rudolf F. Nauhauser und den Percussionisten Patrick Honzig mitgebracht. Einige ausgesuchte Cover-Versionen hatte das Duo neben den Eigenkreationen auch im Programm, zum Beispiel den Song „Ich und Du“ von Philipp Poisel oder „Bei meiner Seele“ von Xavier Naidoo. Neben dem musikalischen Part stellte an diesem Vormittag auch Christina Appelt ihr von der Flüchtlingsinitiative Local Aid gefördertes Fotoprojekt mit Flüchtlingen und die beeindruckenden Ergebnisse daraus vor. Mit bisher fünf Teilnehmern erarbeitete sie seit September 2015 zahlreiche Motive zum Thema „Unknown Reality“. Dabei galt es, unbekannte Orte zu erkunden. Gemeinsam unternahmen die aus Syrien, Afghanistan und Belutschistan stammenden Teilnehmer diverse Foto-Exkursionen in Lüdenscheid, Altena, Herscheid sowie an zahlreichen anderen Orten rund um die Bergstadt. Insgesamt 31 im Rahmen des Projektes entstandene Fotografien sind nun in den nächsten vier bis fünf Wochen – eventuell sogar länger – überall im Stock zu bewundern.

Christina Appelt (2.v.r.) präsentierte gemeinsam mit den Flüchtlingen aus ihrer Fotogruppe die zahlreichen Exponate. (Foto: Björn Othlinghaus)

Christina Appelt (2.v.r.) präsentierte gemeinsam mit den Flüchtlingen aus ihrer Fotogruppe die zahlreichen Exponate. (Foto: Björn Othlinghaus)

Die Fotografien zeigen alles, was die Flüchtlinge bewegt hat, in einer Umsetzung mit oft kreativen und individuellen fotografischen Mitteln. „Wenn wir zukünftig mit der Gruppe weitermachen, würden wir uns freuen, wenn neue Teilnehmer dazukommen“, erklärt Christina Appelt. Damit seien ausdrücklich nicht nur Flüchtlinge, sondern auch Lüdenscheider gemeint, denn die Aktion solle ja über die kreative Arbeit hinaus Verbindungen zwischen den Menschen schaffen, betont Appelt. Interessenten können mit der Initiatorin der Aktion über das Kontaktformular auf ihrer Internetseite www.christina-appelt.de in Verbindung treten.

Wörter, Komik und Humor

Bei der zweiten Veranstaltung der Kulturwoche „Laut & Leise“ präsentierten die Veranstalter unter dem Motto „Wörter, Komik und Humor“ eine Lesung mit musikalischen Elementen. Der Lüdenscheider Schauspieler und Autor Christian Michael Donat trug einige extrem schwarzhumorige Texte vor, die er gemeinsam mit dem ebenfalls aus Lüdenscheid stammenden Uli Böckmann verfasst hatte.

Autor Christian Michael Donat lieferte schwarzhumoriges. (Foto: Björn Othlinghaus)

Autor Christian Michael Donat lieferte schwarzhumoriges. (Foto: Björn Othlinghaus)

Eine mehr als skurrile Abnehm-Truppe wurde in „Weightwatchers“ portraitiert, um eine Frau, die ihre Hungererlebnisse im Krieg mit Wurst- und Fleischvöllerei kompensiert und ihren Sohn damit zum Wurstfetischisten macht, drehte sich der Text „Wurst und Wahn“. Bitterböse und wunderbar politisch unkorrekt kam schließlich auch der Beitrag „Gelungene Inklusion“ daher, in dem ein Ruhrpottproll seinen geistig schlicht gestrickten Kumpel gnadenlos für seine Zwecke ausnutzt und das dann auch noch schamlos als Wohltätigkeit verkauft. Diesen teilweise recht drastischen Texten, die der Gesellschaft in vielerlei Hinsicht den Spiegel vorhielten und dafür sorgten, dass mehr als einmal das Lachen im Hals steckenblieb, standen jazzige Musikstücke gegenüber.

Sängerin Julia Späinghaus und Max Jalaly (Kontrabass). (Foto: Björn Othlinghaus)

Sängerin Julia Späinghaus und Max Jalaly (Kontrabass). (Foto: Björn Othlinghaus)

Diese stellten, interpretiert von Sängerin Julia Späinghaus sowie den beiden Musikern Max Jalaly (Kontrabass) und Andreas Theil, einen wunderschönen Kontrast zu den Textbeiträgen dar. Unter anderem brachten die Musiker den Glenn-Miller-Klassiker „Tuxedo Junction“, das durch Marilyn Monroe bekannt gewordene Lied „My Heart Belongs To Daddy“ oder den Song „All About That Bass“ von Meghan Trainor zu Gehör. Fröhlich kam darüber hinaus „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ aus dem Film „Das Dschungelbuch“ daher.

Music & Words

Gute Musik hören oder selber machen und dabei fruchtbare Gespräche mit interessanten Menschen führen – die vierte Veranstaltung der Kulturreihe fand unter dem Motto „Music & Words“ in einem ungezwungenen, lockeren Rahmen statt. Auch wenn an diesem Abend nur eine eher kleine Gruppe an Personen den Weg in den Stock gefunden hatte, sorgten viele der anwesenden Künstler für ein schönes, abwechslungsreiches Programm.

Arthur Dulinski, Klaus Sonnabend und Ingo Starink machen Musik. (Foto: Björn Othlinghaus)

Arthur Dulinski, Klaus Sonnabend und Ingo Starink machen Musik. (Foto: Björn Othlinghaus)

Zusammen mit Klaus Sonnabend (E-Gitarre), Ingo Starink (Keyboard) und später auch mit Sven Wehner (Cajon) sang Arthur Dulinski unter anderem den Song „Easy“ und später das rasante „Superstitious“ von Ray Charles sowie das selbst geschriebene Lied „Wir halten den Kurs“. Gemeinsam mit Iris Kannenberg (Gesang) und zwei jungen Zuschauerinnen gaben die Musiker dann einige weitere Stücke zum Besten, darunter unter anderem „Knocking On Heavens Door“ von Bob Dylan.

Einen wunderbaren, kleinen Auftritt mit Liedern aus vielen verschiedenen Ländern absolvierte der Musiker Mohammad Cj Tajik (Gesang, Gitarre) aus Afghanistan. Neben Stücken aus seiner eigenen Heimat hatte er Lieder aus Syrien, Pakistan und Griechenland im Gepäck und erntete für sein kleines Akustik-Set begeisterten Applaus. Drei erstklassige Songs hatte schließlich Markus Hartkopf, unter anderem Mitglied der John Porno Band (Gesang, Gitarre), eigens für den Abend komponiert, darunter das Stück „So geht’s nicht“, in dem er sich für die Flüchtlinge und gegen die Aktivitäten von Pegida und AFD positioniert.

Mohammad Cj Tajik spielte unter anderem Lieder aus seiner Heimat Afghanistan. (Foto: Björn Othlinghaus)

Mohammad Cj Tajik spielte unter anderem Lieder aus seiner Heimat Afghanistan. (Foto: Björn Othlinghaus)

Auch diese leidenschaftlich dargebotenen Songs ernteten viel Zustimmung von den Zuhörern. Zu späterer Stunde kamen dann noch die Musiker der Lüdenscheider Band Otherside in den Stock, um mit zwei Songs für ihr Konzert im Rahmen der Reihe „Laut und Leise“ zu werben.

Bingo & Kultur

Am nächsten Tag spielten die talentierten Nachwuchs-Künstler in der an den Stock angrenzenden Alten Druckerei. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Bingo & Kultur“, wobei beide Sets der Combo durch Bingo-Runden unterbrochen wurden. Die Bingo-Abende sind längst ein fester Bestandteil des Programms im Stock und der Alten Druckerei. Das besondere an Otherside, die seit 2012 in der Besetzung mit Sarah Redding (Gesang), Marco Zeisig (Gitarre), Benedikt Czylwik (Keyboard), Simon Langs (Bass) und Manuel Schmidthaus (Schlagzeug) live unterwegs sind, ist, dass sie bereits über ein umfangreiches Repertoire an selbst geschriebenen Songs verfügen.

Sarah Redding und Benedikt Czylwik von der Band Otherside. (Foto: Björn Othlinghaus)

Sarah Redding und Benedikt Czylwik von der Band Otherside. (Foto: Björn Othlinghaus)

Diese stammen überwiegend aus der Feder von Sängerin Sarah Redding und Keyboarder Benedikt Czylwik. Während die jungen Musiker sonst am liebsten ihre eigenen Popsongs zum Besten geben, hatten sie beim Konzert in der Alten Druckerei ausnahmsweise auch die eine oder andere Coverversion im Gepäck. Doch viel interessanter gestalteten sich für die leider viel zu wenigen Zuhörer die Eigenkompositionen, die meist sehr professionell daherkamen und sich mit eingängigen Melodien schnell ins Gedächtnis einbrannten. Ein gutes Beispiel hierfür war „Nothing Breaks Us Apart“, der mit einem griffigen Refrain aufwartete und das große Potential der Band erkennen lies. Der Song „Otherside“ erwies sich dagegen als emotionale und kraftvolle Hymne, bestens geeignet für die ausdrucksstarke Stimme der Sängerin.

Otherside. (Foto: Björn Othlinghaus)

Otherside. (Foto: Björn Othlinghaus)

Gecovert wurde dagegen unter anderem „Say Something“ von The Great Big World, bei dem Sarah Redding und Benedikt Czylwik ein rundum hörenswertes Gesangsduett lieferten, sowie „Radioactive“ von den Imagine Dragons. Als Zugabe interpretierte die Band den Hit „Hello“ von Adele. Wer den Auftritt der vielversprechenden Formation aus der Bergstadt verpasst hat oder die Musiker noch einmal erleben live möchte, sollte am Freitag, 3. Juni, das Feuerwehrfest in Dahlerbrück besuchen. Hier sind Otherside dann ab 18 Uhr zu sehen.

Hip-Hop-Bakery

Schließlich kamen in der Alten Druckerei im Rahmen des vorletzten Konzertes der Kulturwoche die Hip-Hop-Fans zu ihrem Recht. Der ursprünglich für diesen Abend eingeplante Act Zweieck konnte zwar nicht kommen, dafür erklärte sich jedoch spontan Marian Heuser, unter anderem bekannt durch seine Poetry-Slam-Reihe „World of Wordcraft“, bereit, einzuspringen. Schließlich probt der Poetry-Slammer seit geraumer Zeit mit seiner Band „Peter Panisch und die Außenwelt“, mit der er bald erstmals offiziell live zu sehen sein wird.

Der Hip-Hopper 2Seiten war der Hauptact bei der Hip-Hop-Bakery. (Foto: Björn Othlinghaus)

Der Hip-Hopper 2Seiten war der Hauptact bei der Hip-Hop-Bakery. (Foto: Björn Othlinghaus)

So war die Hip-Hop-Veranstaltung eine gute Gelegenheit, bereits im Vorfeld die Wirkung der neuen Musikstücke zu testen. Gemeinsam mit Marian Heuser probierten diverse lokale Musiker, darunter unter anderem der Saxophonist Rudolf F. Nauhauser, die neuen Songs wie „Kauf dich glücklich“, „Salzwasser“ oder „Wohlfühlfaktor“ aus. Nachdem diese Premiere rundum geglückt war, enterten Hazefeld die Bühne. Das Hip-Hop-Duo besteht aus Binyo, hinter dem sich der auch als Singer-Songwriter bekannte Halveraner Musiker Robin Brunsmeier verbirgt, sowie Sebastian Kreinberg, in der Szene besser bekannt als BassTea. Die beiden erwiesen sich an diesem Abend als gewitzte Wortakrobaten, die Lieder wie „Unterwegs vom Bett bis zum Kühlschrank“ zum Besten gaben. Als Hauptact des Abends hatten die Veranstalter den innerhalb der Hip-Hop-Szene im Ruhrgebiet populären Dorstener Rapper und Poetry-Slammer 2Seiten gewinnen können. Gemeinsam mit seinem DJ Sudoku, der überaus souverän für fette Beats sorgte, begeisterte der Hip-Hopper mit einem derartig rasant vorgetragenen Wort-Stakkato, dass es nicht einfach war, den irrwitzigen Gedankengängen und Inhalten der komplexen Text-Wunderwerke zu folgen.

2Seiten (links) und Marian Heuser (3. v.l.) mit Sebastian Kreinberg (2.v.l.) und Robin Brunsmeier, die zusammen das Hip-Hop-Duo Hazefeld bilden. (Foto: Björn Othlinghaus)

2Seiten (links) und Marian Heuser (3. v.l.) mit Sebastian Kreinberg (2.v.l.) und Robin Brunsmeier, die zusammen das Hip-Hop-Duo Hazefeld bilden. (Foto: Björn Othlinghaus)

„Regenwetter“ entstand während eines schaurigen Gewitters und vermittelt eine entsprechende Stimmung, und „Scheiße, Schön“, das als eines der sonst nicht ganz unsperrigen Stücke ausnahmsweise mit einem eingängigen Refrain aufwartet, beschreibt die Welt aus Sicht des Künstlers, die eben gleichzeitig scheiße und schön ist. „Mensch, ärger‘ dich nicht“ hieß ein weiteres Werk des Text-Akrobaten, doch angesichts der toll geschriebenen und dargebotenen Texte war Ärger höchstens dann angesagt, wenn der Zuhörer den blitzschnell hingerappten Gedankengängen nicht mehr im ausreichenden Tempo folgen konnte. Zwischendurch trug 2Seiten, der auch schon bei „World of Wordcraft“ mit im Boot war, auch den einen oder anderen Slam-Beitrag vor, wobei diese Lesetexte des Musikers ebenfalls über einen kühnen Sprachrhythmus verfügen. Wer insbesondere den Hauptact wirklich genießen wollte, der musste schon genau zuhören, denn seichter Mainstream-Hip-Hop ist nicht das Ding von 2Seiten. Aufmerksame Zuhörer konnten an diesem Abend jedoch die eine oder andere Erkenntnis für sich mit nach Hause nehmen. Weitere Infos: www.kultstaedte.de.

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In einer Ramsch-Kiste mit Taschenbüchern wurde ich, gerade mal 10 Jahre alt, fündig. Das – wie ich im Nachhinein feststellte – inkompetenteste Film-Nachschlagewerk dieser Erde, „Das Lexikon des Science-Fiction-Films“ von Roland M. Hahn, weckte mein Interesse für bewegte Bilder. Ich „zerlas“ es völlig (und auch seine nicht weniger missratenen Nachfolger über die Genres „Fantasy“ und „Horror“). Echtes Interesse für die Pop- und Rockmusik kam dagegen erst Jahre später – mit der ersten eigenen kleinen Hifi-Anlage und der CD „The Road to Hell“ von Chris Rea.

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