Am Vortag noch in der Berliner Volksbühne, jetzt im Lüdenscheider Kulturhaus!
Der Pianist Lambert steht wie kein anderer deutscher Musiker für das Crossover von klassischer Klaviermusik, Pop und Jazzelementen. Sein Markenzeichen ist die sardische Stiermaske, die er bei all seinen Auftritten trägt. Lambert hält seinen tatsächlichen Namen ebenso geheim wie die meisten Stationen seiner Vita. Anfang der 80er Jahre in Hamburg geboren, zog es ihn nach Berlin, wo er bis heute als Pianist, Komponist und Produzent lebt und arbeitet. Lambert ist ausgebildeter Jazzpianist und trat zunächst durch so genannte Re-Works, also bekannte Pop-Songs, die er auf dem Klavier neu interpretierte, in Erscheinung. Spätere Veröffentlichungen enthielten dagegen überwiegend Eigenkompositionen. Sein aktuelles Album „We Share Phenomena“ mit dem Musiker Brookln Dekker veröffentlichte er erstmals beim Major-Label BMG. In Lüdenscheid war der Musiker am Sonntag, 20. Januar 2019, im Rahmen der „Meisterkonzerte“ im Theatersaal zu hören und fiel damit aus dem gewohnten Rahmen der Reihe, die normalerweise reine Klassikkonzerte beinhaltet.
Der Leiterin und Intendantin des Kulturhauses, Rebecca Egeling, ging es darum, mit dem Engagement des Künstlers einmal mit den gewohnten Konventionen der klassischen Musik zu brechen und auszuloten, ob eine solches Crossover auch in der Bergstadt ein Publikum finden kann. Deshalb stellte sie den Künstler im Rahmen einer vorangehenden Einführung kurz vor und erläuterte den Besuchern ihre Intentionen. Die Resonanz auf das Konzert bewegte sich zahlenmäßig mit schätzungsweise zwischen 100 und 150 Personen im üblichen Rahmen der Meisterkonzerte. Lambert, der seinen tatsächlichen Namen und seine Identität bewusst geheim hält, tritt in unterschiedlicher Besetzung auf. Während er in Lüdenscheid als Solo-Pianist zu hören war, benutzt er mancherorts elektronische Instrumente oder arbeitet mit dem Musiker Brookln Dekker zusammen, mit dem er auch sein aktuelles Album „We Share Phenomena“ produzierte. Obwohl Lambert mit seiner Maske – wie viele andere Musiker derzeit auch – einen spektakulären optischen Akzent setzt, liegt es ihm fern, sich auf der wohl bewusst mit je einem funzeligen gelben und roten Scheinwerfer luschig ausgeleuchteten Bühne selbst zu inszenieren. Seine Musik soll für sich allein stehen. Bereits das einleitende „Porcelain“ lädt dazu ein, die Augen zu schließen, das triste Bühnensetting mit Sparlicht auszublenden und sich von den sanft fließenden Klängen, in die manchmal bar-jazzige Einflüsse eingesponnen werden, treiben zu lassen.Lamberts Musik in eine Schublade zu pressen, fällt schwer, fast jeder stellt andere Vergleiche an. Während sich eine Zuschauerin an den französischen Komponisten Erik Satie erinnert fühlt, sehen manche Kritiker Parallelen zu Ludovico Einaudi, andere zu Debussy oder Chopin. Doch gerade bei den augenzwinkernden Kommentaren, die sich der Musiker zwischen seinen Stücken gönnt, wird deutlich, dass er nicht kathegorisiert werden will, sondern seine Fans emotional erreichen möchte. „Bei einem Lambert-Konzert darf man auch Gefühle haben“, betont er zum Beispiel.
Lieber als die negativen wie zum Beispiel Hass seien ihm die positiven, sprich Freude und Jauchzen, wobei man ein verschmitzes Lächeln hinter der Maske vermuten kann. Dann lässt sich der Hörer wieder in eine zauberhafte Klangwelt entführen wie beim eingängigen „Talk!“, das den Hörer auf einem chilligen Teppich aus sanften Klavierklängen mental davonschweben lässt. Beizeiten behandelt der Musiker in seinen Instrumentalwerken auch ungewöhnliche Themen. So widmet er zum Beispiel „Jean Luc“ dem furchtlosen Captain des Raumschiffes Enterprise, Jean-Luc Picard, oder setzt in „Mars“ seinen Wunsch, eben dort hinzufliegen, jedoch ganz allein und ohne sich von anderen vollquatschen zu lassen, in akustische Welten um. Auf diese Klangwelten kann man sich voll und ganz einlassen und einen genussvollen Abend erleben, doch nach 90 Minuten Wohlklang wurde auch die eine oder andere Stimme laut, die dies auf lange Strecke als ein wenig gleichförmig empfand. Unterm Strich handelte es sich bei diesem hörenswerten Meisterkonzert dennoch um einen gelungenen Bruch mit den Konventionen der Klaviermusik und um ein Treffen mit einem außergewöhnlichen Künstler, der sich im Anschluss an das Konzert noch einmal ganz ohne Maske zum signieren im Foyer zeigte.