Film & TV, Hinterfragt
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Synchronisation – eine filmische Zeitreise zu deren Abgründen

Alfred Hitchcocks „Notorious“ wurde komplett sinnentfremdet synchronisiert und kam unter dem Titel „Weißes Gift“ 1951 in die deutschen Kinos. (Foto: Screenshot)

Synchronisation – nennen wir das Grauen ohne Umschweife direkt beim Namen. Synchronisation ist eines dieser Signalwörter für Filmfans. Eines, bei dem so manchem Fan innerhalb weniger Minuten die Zornesröte ins Gesicht steigt und Schaum vor dem Mund sich ausbreitet. Eine nachvollziehbare Reaktion, weil Synchronisation gerne einer Zensur gleichkommt oder ein ganz bewusst eingesetztes Instrument der Zensur ist. Haltet also schon mal Eiswürfel zum Kühlen und Taschentücher zum Wischen bereit, denn wir steigen schonungslos in die Abgründe der Synchronisation hinab und versuchen uns diesem Reizthema bei einer Reise durch die Filmgeschichte zu nähern. Die, das kann ich Euch bei allem Ärger versprechen, immer wieder einfach nur lustig ist.

Als die Bilder laufen lernten, war der Film zwar noch stumm, aber meistens mit Zwischentiteln versehen, welche die Handlung erläuterten. Um den Stummfilm außerhalb des Produktionslandes vermarkten zu können, mussten die Zwischentitel in andere Sprachen übersetzt werden. Auch wenn das noch keine Synchronisation (laut Duden „bild- und bewegungsechte Übertragung fremdsprachiger Partien eines Films“) per Definition ist, möchte ich es dennoch berücksichtigen, da es deutliche Parallelen zum späteren Tonfilm gibt. Schließlich ersetzen die Zwischentitel die Dialoge und bieten reichlich Raum für bewusste oder unbewusste falsche Übersetzungen sowie das Entwerfen neuer Handlungen. So lief während des Ersten Weltkriegs in den beteiligten Ländern die Propaganda auf Hochtouren und machte auch vor dem damals noch neuem Medium Film nicht halt. Die üblichen Schwänke oder Gesellschaftsdramen wurden nachträglich mit einem militärischen Anstrich versehen. Häufig reichte es bereits aus, den Film- und die Zwischentitel zu ändern, um einige zeittypische Attribute und Details hinzuzufügen. Auf diese Weise wurde aus einem schlichten Schwank ein „Kriegsfilm“, der die Kämpfe an der Front thematisierte.

Neben Zwischen- kamen bei Stummfilmen auch Untertitel – wie heute bei fremdsprachigen Filmen – zum Einsatz. Bekanntestes Beispiel ist das Monumentalepos „Ben Hur“ (USA 1925). Während bei Stummfilmen kaum Fehlübersetzungen bei Untertiteln bekannt sind (das mag auch an dem geringen Einsatz zur „stummen“ Zeit liegen), sind selbst aus den Anfängen des Tonfilms eine stattliche Menge überliefert. Ich dehne den Begriff Synchronisation also ein weiteres Mal, aber das aus gutem Grund, wie wir beim Tonfilm sehen werden. Den Tonfilm, der Anfang der 1920er Jahre aufkam und bei „The Jazz Singer“ (USA 1927) erstmals bei einem abendfüllenden Spielfilm eingesetzt wurde, habe ich in drei Kapitel aufgeteilt.

  • Kapitel eins beschäftigt sich vor allem mit dem bewusst falschen übersetzen, um zu zensieren.
  • Kapitel zwei mit dem falschen übersetzen, weil die an der Synchronisation beteiligten Personen einfach schlampig oder unwissend oder – Höchststrafe für den Zuschauer – beides waren.
  • Kapitel drei beleuchtet anhand von zwei „leuchtenden“ Werken das Synchronisieren, um eine neue Handlung zu kreieren.

Kapitel drei unterscheidet sich von Kapitel eins dadurch, dass die Intention nicht Zensur, sondern – nennen wir es mal – künstlerische Freiheit ist. Was aufgrund des Trashfeelings meistens sehr lustig ist, so dass es am Ende steht, um möglichst entspannt aus diesem Artikel auszusteigen. Die oftmals geradezu idiotischen Patzer in Kapitel zwei erheitern zwar auch schon, sind aber letztlich einfach nur ärgerlich.

Alles Zensur oder doch nur notwendige Anpassungen?

Ach ja, wir Deutschen und Fremdsprachen, das muss nicht sein. Während Untertitel und Voice-over in vielen Ländern bevorzugt werden, quatschen wir seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs fast alles lippensynchron nach. Lippensynchron heißt aber noch lange nicht, dass die Handlung originalgetreu wiedergegeben wird. Aus den unterschiedlichsten Gründen werden internationale Produktionen mehr oder weniger für den heimischen Markt bearbeitet. Dieses inhaltliche Anpassen ist aber nichts anderes als Zensur. Eine Zensur, die heute überwiegend aus wirtschaftlichen Gründen und nur selten aufgrund behördlicher Vorgaben vorgenommen wird. Das war in der Anfangszeit des Films, als dieser zum Massenmedium aufstieg, noch ganz anders.

Bereits 1922, noch in der Stummfilmzeit, wurde in den USA die Motion Picture Producers and Distributors of America (MPPA) gegründet. Zwar war diese Zensurinstanz wie die FSK in Deutschland vom Staat unabhängig, aber naiv wer glaubt, dass diese ohne politischen Einfluss arbeitete. Das wird schon daran deutlich, dass mit dem Vorsitz der ehemalige Postminister Will H. Hays beauftragt wurde. Hays war für seine moralisch harte Linie berüchtigt, so dass die MPPA sehr schnell nur noch mit seinem Namen in Verbindung gebracht und schlicht Hays-Büro genannt wurde. Europäische Filme ignorierten in Sprache und Bild schon immer wesentlich freizügiger und hemmungsloser moralische Vorstellungen, so dass ihnen in Amerika die Zensurschere drohte. Also lieferten die Europäer ihre Filme gleich mit englischen Untertiteln, die Hays-Büro konform waren. Im französischen Film „Club der Frauen“ (1936) vermittelte der englische Untertitel in einer Szene, in der eine Frau sich ihrem Liebhaber hingibt, dass sie verheiratet seien. Wer des Französischen mächtig war, hörte anhand der Dialoge, dass sie es ganz gewiss nicht waren. Hoffentlich hat das Pärchen nicht noch geflucht, denn Schimpfwörter waren den amerikanischen Moralaposteln auch ein Dorn im Auge. Der Satz „Get the hell out of here!“ („Hinaus mit Dir, zum Teufel“) in „Der Weg zu den Sternen“ (GB 1945) musste in den USA zu „Get the heck out of here!“ (“Hinaus mit Dir, zum Kuckuck”) geändert werden. Laurence Olivier musste noch einmal ins Tonstudio, um seine „Norman Bastards“ in „Heinrich V.“ (GB 1944) mit „Norman Dastards“ neu zu besprechen. So waren die Normannen keine Scheißkerle oder Schweinehunde mehr, sondern lediglich hinterhältige Feiglinge.

Laurence Olivier durfte als Heinrich V. nicht fluchen. (Foto: KSM GmbH)

Laurence Olivier durfte als Heinrich V. nicht fluchen. (Foto: KSM GmbH)

Historische Ereignisse werden in Filmen gerne neu interpretiert oder komplett ignoriert. Die nationalsozialistische Herrschaft scheint es für einige nie gegeben zu haben. In Vittorio de Sicas „Die Eingeschlossenen von Altona“ (F/I 1962), der den inneren Verfall einer Hamburger Großindustriellenfamilie vor dem Hintergrund der unbewältigten deutschen Vergangenheit beschreibt, wurden in „Glaubst Du, ich schätze, wonach Vater strebt? Und ich bewunderte Flick, Krupp und Vater? Jedes Mal, wenn ich einen Mercedes-Benz sehe, rieche ich den Gestank eines Gasofens“ jeder Bezug zu Flick, Krupp und Mercedes-Benz entfernt. Der junge Jude in Claude Chabrols „Schrei, wenn Du kannst“ (F 1958) ist in der deutschen Fassung ein Ungar und erinnert sich als solcher nicht an die Folter der Deutschen, sondern an den stalinistischen Terror.


Dank ambitionierter Synchronisation wurde aus „Casablanca“ ein Liebesdrama, so dass Conrad Veidt als Nazi-Major Strasser völlig eliminiert werden musste.

Schlimmer geht bekanntlich immer: In „Casablanca“ (USA 1942) und „Notorious“ (USA 1946) wurde das Ganze auf die Spitze getrieben. Das antifaschistische Melodram „Casablanca“ wurde mit viel Geschick und schon fast künstlerischer Ambition zu einem Liebesdrama umgebogen. Die vierte Hauptfigur, der Nazi-Major Strasser (Conrad Veidt), wurde völlig eliminiert. Veidts Name blieb allerdings auf dem, aus dem Original übernommenen Vorspann, deutlich zu lesen. Nur im Film suchten deutschen Kinogänger „ihren“ Veidt vergeblich. Alle Hinweise auf Nationalsozialismus und Vichy-Regime waren getilgt, die politischen Konflikte zu einer Agentengeschichte vereinfacht und der Widerstandskämpfer in einen norwegischen Atomphysiker verwandelt. Erst Mitte der 1970er Jahre ermöglichte eine Neusynchronisation den Zugang zur authentischen Fassung des Werkes. Ebenso ambitioniert ging man bei Alfred Hitchcocks „Notorious“ vor, der komplett sinnentfremdet synchronisiert wurde und unter dem Titel „Weißes Gift“ 1951 in die deutschen Kinos kam. In der deutschen Fassung hatte man aus den nationalsozialistischen Spionen internationale Rauschgiftschmuggler gemacht. Die Ende der 1960er Jahre im Auftrag vom ZDF erstellte Neusynchronisation ist keineswegs, wie häufig zu lesen ist, werkgetreu. Jeder Bezug zu IG Farben wurde eliminiert, so dass bis heute keine originalgetreue deutsche Fassung des Films existiert.

Alles Flüchtigkeitsfehler oder doch nur Dummheit?

Grundsätzlich stellt eine Synchronisation eine Interpretation dar. Lippensynchronität, kulturelle Kontexte, die bei uns nahezu unbekannt sind, Wortwendungen und vieles mehr verlangen vom Synchronautor eine Überarbeitung. Doch oftmals arbeiten dieser und die an der Synchronisation oder Untertitelung beteiligten Personen einfach nur schlampig, manchmal sogar am Abgrund zur Dummheit. Unter Filmjournalisten gibt es bei Pressevorführungen seit Urzeiten die Diskussion, ob es besser ist, die Originalfassung oder die Synchronfassung vorgeführt zu bekommen. Mal abgesehen davon, dass diese Diskussion bei nicht englischsprachigen Filmen aufgrund mangelnder Fremdsprachenkenntnisse unter den Kollegen sowieso überflüssig ist, vertrete ich die Ansicht, dass nur die Synchronfassung sinnvoll ist. Warum? Die Originalfassung wird in deutschen Kinos meistens nicht gezeigt. Was nützt es, wenn ich eine begeisterte Rezension zu einer Komödie verfasse, um später festzustellen, dass der Synchronisation jeder Witz abgeht? Doch grundsätzlich schlage ich mich auf die Seite der Liebhaber von Originalfassungen, weil eine Synchronisation bei aller heutigen technischen Perfektion niemals an die Atmosphäre des Originals heranreichen wird. Guckt Euch mal Kurosawas „Ran“ im Original (Japanisch!) mit deutschen Untertiteln an und ihr wisst, was ich meine.


Wenn Drittsprachen ins Spiel kommen, wird eine Synchronisation besonders heikel, wie beim ersten Teil von „Stirb langsam“.

Besonders heikel wird es, wenn Drittsprachen ins Spiel kommen, die die Protagonisten zum Beispiel selbst nicht verstehen. Anstatt diese im Original zu belassen, werden diese gerne synchronisiert, was zu seltsamen Ergebnissen führt. In „Der dritte Mann“ (GB 1949) kommt es immer wieder zu Verständnisproblemen zwischen dem Amerikaner Holly Martins und der Wiener Bevölkerung. Bei einer durchgehenden Synchronisierung ergeben solche Szenen keinen Sinn, so dass diese einfach geschnitten wurden. Belässt man solche Szenen im Film, wie bei „Cabaret“ (USA 1972) oder „Stirb langsam“ (USA 1988) wird es für das Publikum konfus. Bruce Willis hat es im englischen Original von „Stirb langsam“ hauptsächlich mit deutschen Terroristen zu tun, die sich im Original auf Deutsch unterhalten. Da die Geiseln kein Deutsch verstehen, können sich die Terroristen problemlos vor ihnen auf Deutsch unterhalten und ihre Pläne diskutieren. Genauso unverständlich geht es in „Cabaret“ zu. Schauplatz ist Berlin im Jahr 1931: Der englische Schriftsteller Brian Roberts zieht in eine Pension, wo er die amerikanische Sängerin Sally Bowles kennenlernt. Sally öffnet ihm die Tür und sagt kurz „Ja?“, woraufhin er sie auf Deutsch nach der Vermieterin fragt. Als Sally nicht antwortet, erklärt er ihr weiterhin auf Deutsch, dass er ein Zimmer sucht. Schließlich antwortet sie: „Fräulein Schneider is nix zu Haus.“ Warum sie lange Zeit nicht reagiert und nur große Augen macht, ist im Original eindeutig: Ihr Deutsch ist zu schlecht, um angemessen reagieren zu können. In „Gestohlene Kinder“ (I,F,CH 1992) wurden die Französinnen nicht synchronisiert, dafür ist die Untertitelung totaler Quatsch. „Die Kleine ist eine Prostituierte“ wird mit „Die Mutter hat die Kleine zur Prostitution gezwungen“ untertitelt und damit etwas behauptet, was das Original gar nicht eindeutig erklärt, erklären will.


Das Auto wurde von katalytischen Konvertern gemacht. Von wem? „Blues Brothers“ bietet einige spezielle Übersetzungen.

Kommen wir nun zu jenen Übersetzungsfehlern, die schlichtweg dämlich, aber unausrottbar sind. So gibt es plötzlich das Element „Sodium“, anstatt es korrekt mit „Natrium“ zu übersetzen. Aus „silicon“ wird „Silikon“ statt „Silizium“ und „geniality“ ist nicht mehr die Freundlichkeit sondern „Genialität“. Manche Dinge sollten besser gar nicht übersetzt werden, so wird in dem Film „Blues Brothers“ (USA 1980) aus einem „Soul Food Restaurant“ ein „religiöses Restaurant“. Insgesamt ist die Synchronisation dieses Kultfilms gut gelungen, zahlreiche Zitate haben sich in den Wortschatz vieler Filmfans förmlich eingebrannt, aber er ist auch ein gutes Beispiel für unnötige Fehler. So haben sie nicht die Harfe geblasen (wer schafft das schon?), sondern Mundharmonika gespielt (Blow the harp). Ein „Grand“ (1000 Dollar) ist kein „Großer“, sondern ein „Riese“ und „Tonight only“ sollte man besser mit „Nur heute Abend“ und nicht „Nur heute Nacht“ übersetzen. Und wer sich schon immer gefragt haben sollte, was „katalytische Konverter“ sind, dem sei gesagt, dass „catalytic converters“ so übersetzt wurde, statt korrekterweise „Katalysator“. Ein anderer Kultfilm, „Blade Runner“ (USA 1982), liefert die nächste Dummheit: „Give me a hard copy“ wird zu „Mach mir eine harte Kopie“. Dabei handelt es sich um einen Ausdruck auf Papier. Wer kennt ihn nicht, den Satz „Möge die Macht mit Dir sein“. Offenbar nicht der Synchronautor von „Cocoon“ (USA 1985), der die Anspielung auf „Star Wars“ nicht versteht und aus „May the Force be with you“ den verschrobenen Satz „Hoffentlich lässt die Kraft nicht nach, die das Schiff hochzieht“ macht. Autsch! Aber es geht noch blöder. In „Apollo 13“ (USA 1995) müssen die Astronauten „lernen, ein eckiges Schwein durch ein rundes Loch zu schieben“. Respekt, wer das schafft, zumal ich noch nicht so viele eckige Schweine gesehen habe. Es funktioniert auch nur dann, wenn man peg (Stöpsel) mit pig (Schwein) verwechselt.


Aus „May the Force be with you“ wird in der deutschen Synchronisation von „Cocoon“ der verschrobene Satz „Hoffentlich lässt die Kraft nicht nach, die das Schiff hochzieht“. Autsch – das schmerzt!

Schwierig wird es auch immer, wenn etwas ins Spiel kommt, das im Kulturkreis, aus dem der Film stammt, fast jeder kennt, aber bei uns fast gänzlich unbekannt ist. Korrekt übersetzen oder lieber nicht? Schwierig und pauschal sicher nicht zu beantworten, aber wenn „eingedeutscht“ wird, dann bitte nicht so platt, dass aus „Bob Hope“ der Blödelbarde „Otto“ und aus Johnny Cash die Haselnuss „Heino“ wird. Als Zuschauer stolpert man darüber und weiß sofort, dass das im Original niemals gesagt wurde. In „The Birdcage“ (USA 1996) bewundert ein Protagonist antiquarische Bücher und äußert voller Bewunderung „sogar Hanni und Nanni und ihre Abenteuer auf dem Bauernhof“. Alt? Selten? Ein Hanni und Nanni-Buch? Wohl kaum. Im Original geht es um „Nancy Drew“, eine US-amerikanische Buchserie, die 1930 das erste Mal erschien, eine Kulturikone in den USA und die Erstausgaben dementsprechend teuer.

Alles Kunst oder was so alles möglich ist!

Zum Abschluss wird es schräg, aber so richtig. Es wurde ja im Verlauf der Zeitreise durch die Filmgeschichte mehr als deutlich, dass man mit der Synchronisation ein Fälschungswerkzeug erster Güte an die Hand bekommt. Mit diesem können sich künstlerisch ambitionierte Filmemacher so richtig austoben – bis hin zum Trash.

Die britische Krimiserie „Die Zwei“ (GB 1970-1971) mit Tony Curtis und Roger Moore floppte auf dem so wichtigen US-Markt, weshalb sie nie über die erste Staffel hinauskam. In Deutschland hingegen entwickelte sich die Serie zum absoluten Kult, dank der Dialogbücher Rainer Brandts, die mit dem Original fast nichts mehr zu tun hatten. Platt, platter, am plattesten waren die Sprüche, aber dermaßen augenzwinkernd sympathisch synchronisiert, dass man herzlich lachen musste und viele in den allgemeinen Sprachgebrauch übergingen: „Sleep well in your Bettgestell“, „Damit das Blut flüssig durch die Adern rollt, auch wenn der Premierminister darauf schmollt“, „Erheben wir unsere Gläschens – zur Freud und Kurzweil unsres Bläschens“ oder „Mach das Licht aus, sonst schießt er die anderen Birnen auch noch weg“. In Frankreich wurde die Serie nach deutschem Vorbild synchronisiert und hatte einen ähnlichen Erfolg. Selbst Tony Curtis blieb dieser Erfolg nicht verborgen, so dass er Rainer Brandt bat, bei weiteren Folgen die Drehbücher zu schreiben, wozu es aber nicht kam.


„Sleep well in your Bettgestell“ – die britische Krimiserie „Die Zwei“ wurde sehr frei ins Deutsche übersetzt.

Überhaupt nichts mehr mit dem Original hat mein letztes Beispiel zu tun, über das die Filmzeitschrift „film-dienst“ urteilte: „Primitiver Porno-Western“. Nun ja, auf den ersten Blick mag das stimmen, aber „Django Nudo und die lüsternen Mädchen von Porno Hill“ ist mehr, nämlich Trash at it’s best. Was den Inhalt angeht, lass ich noch mal den „film-dienst“ sprechen: „Django sichert einem Mädchen eine geerbte Mine und entreißt es einer Kette von sexuellen Gewaltakten“. Das klingt nicht nur total bescheuert, das ist total bescheuert. Als Grundlage für Django Nudo dient der US-amerikanische Western „Brand of Shame“ von 1968, den der Schweizer Exploitation-Filmemacher Erwin C. Dietrich mit nachgedrehten Softsexszenen ergänzte. Dazu ein Soundtrack, der mehr Slapstick als ernstgemeinte musikalische Untermalung ist. Die deutsche Synchronisation, die mit dem Original nichts mehr zu tun hat, setzt diesem Teil die Trash-Krone auf. Die Truppe, die den deutschen Text eingesprochen hat, hat unüberhörbar dabei viel Spaß gehabt, so viel, dass gerne auch mal völlig losgelöst von Lippenbewegungen gesprochen wird. Für Trash-Fans ist „Django Nudo“ ein unbedingtes Muss.

Versöhnliches Fazit

Und wie lautet mein Fazit am Ende dieser Reise durch die Filmgeschichte? Synchronisation: ja oder nein? Kommt drauf an, möchte ich salomonisch antworten. Ich halte wenig davon, Synchronisation als Teufelswerkzeug zu verurteilen und grundsätzlich abzulehnen. Respekt, wer alle Filme im Original anschaut und versteht. Das dürfte allerdings auf die wenigsten zutreffen, zumal diese „Alles-Original-Gucke-Ich-Verfechter“ sich zumeist nur auf englischsprachige Filme beziehen. Ich gucke, wie erwähnt, Filme auch sehr gerne im Original, zumeist aber mit Untertiteln, da mir selbst bei englischsprachigen sonst das ein oder andere Mal der Durchblick fehlen würde. Wenn ein Texaner so richtig loslegt, sorry, da muss ich passen. Es fasziniert mich, fremdsprachige Filme wie zum Beispiel Akira Kurosawas „Ran“ im japanischen Original zu schauen, weil keine noch so gute Synchronisation die Atmosphäre erreichen kann. Aber das kann auch verdammt anstrengend sein, einen Film in einer Sprache zu gucken, die man nur teilweise oder gar nicht versteht. Daher: Es ist völlig okay, sich dem Genuss eines synchronisierten Films hinzugeben. Was hingegen gar nicht okay ist, wenn diese Synchronisation einfach nur schlampig erstellt wurde.

Kategorie: Film & TV, Hinterfragt

von

In einer Ramsch-Kiste mit Taschenbüchern wurde ich, gerade mal 10 Jahre alt, fündig. Das – wie ich im Nachhinein feststellte – inkompetenteste Film-Nachschlagewerk dieser Erde, „Das Lexikon des Science-Fiction-Films“ von Roland M. Hahn, weckte mein Interesse für bewegte Bilder. Ich „zerlas“ es völlig (und auch seine nicht weniger missratenen Nachfolger über die Genres „Fantasy“ und „Horror“). Echtes Interesse für die Pop- und Rockmusik kam dagegen erst Jahre später – mit der ersten eigenen kleinen Hifi-Anlage und der CD „The Road to Hell“ von Chris Rea.

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