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A long way down – ein Film der etwas anderen Art

Im Laufe der Geschichte werden die Lebensmüden zu Freunden, so dass die ursprüngliche Absicht immer mehr in Vergessenheit gerät. (Foto: Universum Film)

Selbstmord in der Silvesternacht – klingt erstmal nicht gerade nach dem richtigen Thema für eine gelungene Komödie. Doch der Autor Nick Hornby hat genau das zum Thema seines Buches „A long way down“ gemacht und damit die Vorlage für den Regisseur Pascal Chaumeil und somit für einen Film der etwas anderen Art geliefert.

Vier einander unbekannte und vor allem vollkommen unterschiedliche Menschen begegnen sich in der Silvesternacht auf dem Dach des höchsten Gebäudes New Yorks mit genau ein und demselben Ziel – einem Sprung in die Tiefe, um dem eigenen Leben ein Ende zu setzen. Keiner der Vier ist davon ausgegangen, sich ausgerechnet bei diesem Vorhaben hinten anstellen zu müssen. Gleichermaßen irritiert durch die unplanmäßigen Zuschauer beschließen sie gemeinsam, ihr Vorhaben erstmal nicht in die Tat umzusetzen und sich einen Aufschub bis zum Valentinstag zu geben – dem, wie sie finden, zweitliebsten Tag für Selbstmörder.
In der Zeit wollen sie sich besser kennen lernen und versuchen, gemeinsam herauszufinden, ob ihr Leben nicht doch eine zweite Chance verdient hat.


Hornby verwendet in seiner Buchvorlage die Form des Tagebuchs und lässt die einzelnen Geschichten abwechselnd aus der jeweiligen Sicht der Protagonisten erzählen. Chaumeil orientiert sich daran und präsentiert die individuellen Schicksale nacheinander und aus Sicht der vier Charaktere:

Martin (Pierce Brosnan) der gefallene Fernsehmoderator, der durch eine Affäre mit einer Minderjährigen nicht nur seinen Job, sondern auch sein Ansehen, Ruhm und seine Familie verloren hat.

Maureen (Toni Collette) die schüchterne, unscheinbare Frau, die zu Hause allein ihren kranken Sohn pflegt und darüber vergessen hat, auch mal an sich selbst zu denken.

Jess (Imogen Poots) die ausgeflippte und durchgeknallte Ministertochter, die dem ersten Anschein nach einfach nur Aufmerksamkeit braucht, aber eigentlich durch viel tiefgründigere Gedanken zu ihrem Entschluss gekommen ist.

J.J.(Aaron Paul) der coole Pizzabote, der allen erzählt er habe einen Hirntumor, weil er seine wahren Absichten für nicht gut genug hält.

Auf einmal ist vom „long way down“ keine Rede mehr

Nachdem die Geschichte von den vier Lebensmüden an die Medien gedrungen ist, werden sie durch das Chaos immer mehr zu Freunden und sie entscheiden sich gemeinsam für einen Urlaub auf Teneriffa, um dem Trubel zu entkommen. Die eigentliche Absicht wird dabei allerdings immer mehr zu Nebensache. Auf einmal scheint keiner mehr ernsthaft daran zu denken, sich das Leben nehmen zu wollen und von dem „long way down“ ist keine Rede mehr. Der Selbstmord dient Chaumeil also merklich nur als ein Anfang für seine Geschichte, anders als Hornby zieht er diesen Punkt nicht durch seine Story. Während das Buch den Fokus klar auf das Vorhaben legt, vom Hochhausdach zu springen, schiebt der Film die Schicksale der Vier eher in den Mittelpunkt.

Überzeugende Darsteller

Davon profitiert der Film, denn die außergewöhnlichen Hauptdarsteller scheinen in ihren Rollen voll und ganz aufzugehen. Überzeugend ist nicht nur Pierce Brosnan als selbstverliebter und arroganter Ex-Fernsehmoderator, dem ich nach dieser Leistung auch den Ausflug in die Musicalwelt von „Mamma Mia“ verzeihen möchte, sondern vor allem Imogen Poots, die die Rolle der durchgeknallten und teils völlig überdrehten Jess so wunderbar herzlich darstellt. Möchte ich sie in einem Augenblick verdammt gerne rütteln und fragen, ob sie eigentlich noch alle Tassen im Schrank hat, würde ich sie im nächsten Moment doch lieber drücken und ihr sagen, dass sicher alles wieder gut wird.

Insgesamt ist es Chaumeil mit der Verfilmung von „A long way down“ vor allem durch bissigen und schwarzen Humor gelungen, das Thema Suizid auf komische, aber auf keinen Fall verharmlosende Weise zu behandeln. Verliert sich der Punkt zwar im Laufe des Films, liegt das Hauptaugenmerk dadurch aber auf dem, was das Leben lebenswert macht und zeigt, dass Freundschaft und die bloße Tatsache, verstanden zu werden, ausreichen kann, die eigene Situation nur noch halb so tragisch zu finden.

Bewertung 4 von 5 Punkten

Cover A Long Way DownA Long Way Down
(A Long Way Down)

Genre Komödie

FSK ab 6 Jahren

Laufzeit ca. 92 Minuten (DVD), ca. 96 Minuten (Blu-ray)

Produktion Großbritannien 2014

Ton/Sprache (DVD) Deutsch (Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1); (Blu-ray) Deutsch (DTS-HD 5.1), Englisch (DTS-HD 5.1)

Kategorie: Angeguckt, Film & TV

von

In einer Ramsch-Kiste mit Taschenbüchern wurde ich, gerade mal 10 Jahre alt, fündig. Das – wie ich im Nachhinein feststellte – inkompetenteste Film-Nachschlagewerk dieser Erde, „Das Lexikon des Science-Fiction-Films“ von Roland M. Hahn, weckte mein Interesse für bewegte Bilder. Ich „zerlas“ es völlig (und auch seine nicht weniger missratenen Nachfolger über die Genres „Fantasy“ und „Horror“). Echtes Interesse für die Pop- und Rockmusik kam dagegen erst Jahre später – mit der ersten eigenen kleinen Hifi-Anlage und der CD „The Road to Hell“ von Chris Rea.

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