Die Gelegenheit, den Frontmann einer Band, die 13 Millionen Tonträger verkauft hat, einmal nicht im Stadion oder in großen Hallen, sondern ganz aus der Nähe sehen zu können, gibt es selten genug.
Im Vergleich zu den Konzerten der Killers war der Gig von Brandon Flowers im Kölner E-Werk vor einigen hundert Zuschauern sicher eine geradezu intime Veranstaltung, zu auch der Support-Act bestens passte. Der aus Austin, Texas angereiste Joe Pug wusste durchaus, für wen die Fans eigentlich gekommen waren, und hatte Verständnis. „Ihr wollt Brandon Flowers sehen, aber auf den müsst ihr noch ein wenig warten“, erklärte der Musiker zu Beginn seines gut halbstündigen Auftritts.
Pug lieferte, bewaffnet mit Akustik-Gitarre und Harp, sympathisches, uramerikanisches Singer-Songwriterhandwerk ab, für das die Zuhörer durchaus gerne wohlwollenden und freundlichen Beifall spendeten. Später wurde der Musiker auch noch einmal von Brandon Flowers auf die Bühne gebeten, wo beide den von Pug geschriebenen Song „If Still I Can’t Be Found“ zum Besten gaben. Zu den auf der britischen Pop-Musik fußenden Klängen des Hauptacts bildete der Sänger und Gitarrist, der seine Wurzeln eher bei den Musikern seiner Heimat sieht, einen angenehmen Kontrast. Bleibt zu hoffen, dass der in Maryland geborene Künstler, der der Musik wegen nach Austin zog und in Köln zum ersten Mal auf der Bühne stand, durch seinen Support auch in Deutschland ein wenig bekannter wird.
Brandon Flowers und seine Band spielten im Anschluss eine gut 80-minütige Show, die natürlich überwiegend aus Songs der beiden erstklassigen Solo-Alben „Flamingo“ und „The Desired Effect“ bestand. Dass der Überhit der Killers, „Human“, den das Publikum euphorisch feierte, nicht fehlen durfte, war allerdings ebenso klar. Killers-Fans, die die Solo-Alben bisher nicht kannten, konnten feststellen, dass auch darin bei allem Anspruch oft genauso viel Hit-Potential steckt wie bei den Werken ihrer Lieblings-Band. Das gilt zum Beispiel für „Crossfire“, einem hymnischen Werk aus Flowers‘ musikalischer Verbeugung vor seiner Heimatstadt Las Vegas, dem Album „Flamingo“.
Die Fans sangen lautstark mit
Der Sänger animierte die Fans gerne auch bei diesem Song, die Hände zum Himmel zu recken und lautstark mitzusingen. Den Stücken seines aktuellen Albums wird hingegen von vielen Kritikern ein expliziter Hang zur Schlager-Seeligkeit nachgesagt, und bei einigen Tracks wie zum Beispiel „Untangled Love“ ist dieser Vergleich sicher nicht von der Hand zu weisen. Aber die Neigung zur Melodie ist auch bei den Killers jederzeit spürbar und wird bei „The Desired Effect“ in höchstem Maße unterhaltsam präsentiert. Wer sperrige Avantgarde als Maß aller Dinge ansieht, und Songs, die den gelegentlichen Flirt mit dem Mainstream und der Radiotauglichkeit nicht scheuen, für das Werk des Teufels hält, wird diese Musik, bei der Bühne und Musiker flächig meist in Blau und Rot getaucht sowie mit gelegentlichen knalligen Farbakzenten eingerahmt wurden, sicher weniger mögen.
Schätzt man dagegen inspiriertes Songwriting, bestes Entertainment und den Hang des Vollblut-Musikers und -sängers zur technischen Perfektion, dem sei das nächste Konzert mit ihm wärmstens ans Herz gelegt. Umso größer muss der Ärger des Perfektionisten über jenen Alptraum des Live-Musikers gewesen sein, der beim vorletzten Song des Zugaben-Teils leider wahr wurde. Ausgerechnet bei einem der besten Tracks von „The Desired Effekt“, dem auf dem Song „Smalltown Boy“ von Bronski Beat basierenden „I Can Change“, lief das Zusammenspiel der ansonsten erstklassigen Band völlig aus dem Ruder – der Song musste komplett abgebrochen werden.
Wo genau das Unheil seinen Anfang nahm, war zumindest für die Zuschauer nicht ersichtlich, und ob hinter den Kulissen nach dem Auftritt noch dunkle Wolken aufgezogen sind, ist ebenfalls nicht bekannt. Flowers und seine Musiker verzichteten jedenfalls darauf, noch einmal neu zu starten und widmeten sich dem letzten Stück des Zugabenteils, „Still Want You“, bei dem die zunächst ein wenig enttäuschten Fans noch einmal beherzt mitsangen. Unterm Strich konnte der durchaus ärgerliche Lapsus das Konzerterlebnis an diesem Abend allerdings nicht schmälern, und so traten wohl die meisten Fans zufrieden den Heimweg an.
Super Recherche, Björn, der anschauliche Bericht besticht sogar völlige Nicht-Fans! Detaillierte Wahrnehmung aller Vorgänge, präzise auf den Punkt gebracht – und dann noch suupergeile Fotos… Das ist Journalismus vom Feinsten! 🙂
Hallo Frau Rosenthal,
so viel Lob heute, vielen Dank, das freut mich sehr :-)!
Viele Grüße
Björn Othlinghaus
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