Angehört, Musik
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Ein einziges „Deja Vu“ – Moroder scheitert an seinem Alterswerk

(Foto: Anna Maria Zunino Noellert)
„Kylie Minogue ist eine der Gast-Künstlerinnen auf „Deja Vu“. (Foto: Anna Maria Zunino Noellert)

Satte 30 Jahre mussten ins Land gehen, ehe sich der stilbildende Musiker, DJ und Produzent Giorgio Moroder im stolzen Alter von nunmehr 75 Jahren dazu entschließen konnte, ein neues Solo-Album auf den Markt zu bringen.

Das bei Sony erschienene Werk „Deja Vu“ besticht, der Bedeutung des Meisters entsprechend, durch eine beeindruckenden Zahl an Star-Auftritten: unter anderem geben sich Britney Spears und Kylie Minogue gesanglich die Ehre. Das inflationäre Auffahren von Prominenz ist allerdings nicht immer ein gutes Zeichen, wird doch nicht selten auf diese Weise kaschiert, dass die eigentliche Essenz der auf dem Silberling enthaltenen Musik alleine für eine aufsehenerregende Veröffentlichung kaum ausgereicht hätte.

Auch mit 75 Jahren immer noch cool: Giorgio Moroder. (Foto: Anna Maria Zunino Noellert)

Auch mit 75 Jahren immer noch cool: Giorgio Moroder. (Foto: Anna Maria Zunino Noellert)

Die Bedeutung Moroders für die elektronische Musik ist unbestritten, doch an ein Werk, dessen Entstehung quasi drei Jahrzehnte in Anspruch genommen hat, werden auch außergewöhnlich hohe Erwartungen geknüpft. Leider verfestigt sich beim Hörer von „Deja Vu“ von Track zu Track der Eindruck, statt selbst gemachter Pasta vom Italiener des Vertrauens oberflächlich aufgepeppte und dennoch geschmacklose Dosenravioli serviert zu bekommen. Mangelnde Vielfalt kann man Moroder dabei zwar nicht vorwerfen, wohl aber das völlige Fehlen jedweder Inspiration. „Diamonds“ klingt nach 08/15-Bum-Bum für die Großraum-Disse, „Don’t Let Go“, als hätte Moroder einen ausrangierten Modern-Talking-Track von Dieter Bohlen gekauft und ungelenk aufgebrezelt. „Right Here Right Now“, bei dem Kylie Minogue den Gesangspart übernahm, könnte dagegen auch deren neue Single sein, ohne das Moroder den eigenen Stil auch nur ansatzweise durchbringen konnte. Andere Stücke klingen dann wieder verdächtig nach seinen Kumpels von „Daft Punk“, ohne jedoch das hohe Niveau von deren 2014er Meisterwerk „Random Access Memory“ zu erreichen, an dem Moroder entscheidend beteiligt war.

Zumindest der Titeltrack ist noch ein veritabler Ohrwurm, und „Tempted“ taugt trotz des spätestens seit Cher stark überstrapazierten Vocoder-Einsatzes zumindest als konventionelle Nummer für die Travolta-Tanzeinlage unterm Mirrorball. Wirklich überragend ist lediglich das erstklassig aufgebaute „74 Is The New 24“, bei dem nicht nur Georgios eigene Handschrift aufblitzt, sondern sich auch die eingesetzten Gimmicks wie zum Beispiel eine Roboterstimme ins gute Gesamtbild fügen. Nicht umsonst entschied sich die Plattenfirma, gerade dieses Stück als erste Single und damit als Appetizer für das Album zu veröffentlichen, wohl wissend, dass ansonsten darauf zumindest in künstlerischer Hinsicht nicht allzu viel Rares zu finden ist. Moroders Version von Suzanne Vegas Hit „Toms Diner“, auf der Scheibe direkt nach dem einzigen Glanzstück platziert, ist nämlich wieder Dosenfutter und genauso synthetisch wie Britney Spears‘ augenscheinlich wieder mal zu Tode verfremdete Stimme, die den Track ziert.

(Foto: Sony)

(Foto: Sony)

So sehr sich die Moroder-Fans sicher gefreut haben, nach so langer Zeit ein neues Solo-Werk des Meisters in Händen halten zu können, so enttäuschend ist unterm Strich das Ergebnis. Nee, nee, Giorgio, das war nix.

Anspiel-Tipp: „74 Is The New 24“
Bewertung: 1,5 von 5 Punkten

Kategorie: Angehört, Musik

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In einer Ramsch-Kiste mit Taschenbüchern wurde ich, gerade mal 10 Jahre alt, fündig. Das – wie ich im Nachhinein feststellte – inkompetenteste Film-Nachschlagewerk dieser Erde, „Das Lexikon des Science-Fiction-Films“ von Roland M. Hahn, weckte mein Interesse für bewegte Bilder. Ich „zerlas“ es völlig (und auch seine nicht weniger missratenen Nachfolger über die Genres „Fantasy“ und „Horror“). Echtes Interesse für die Pop- und Rockmusik kam dagegen erst Jahre später – mit der ersten eigenen kleinen Hifi-Anlage und der CD „The Road to Hell“ von Chris Rea.

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