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Late Phases – Rentner vs. Werwolf

(Foto: OFDb Filmworks)
Haariger Freund, sprich dein Gebet! Nick Damici mit bösem Hundchen in „Late Phases“. (Foto: OFDb Filmworks)

Wann lief eigentlich der letzte gute Werwolffilm? Selbst ein Filmfreak kann bei dieser Frage schon ins Grübeln kommen. Mir fällt dabei spontan „American Werewolf“ von John Landis ein (Erscheinungsjahr 1981) und der inzwischen (zu unrecht) längst vergessene „Werwolf von Tarker Mills“, eine Stephen-King-Verfilmung aus dem Jahr 1985.

Nun kommt Regisseur Adrian Garcia Bogliano mit einem neuen Werwolf-Schocker daher und sorgt für Begeisterung bei vielen Genre-Fans. In „Late Phases“ lässt er einen blinden Vietnam-Veteranen in Rente gegen das zottelige Ungeheuer antreten, dass sich an den Bewohnern einer Seniorenwohnanlage gütlich tut. Natürlich erinnert diese Geschichte eklatant an die Horror-Komödie „Bubba Ho-Tep“ von Don Coscarelli, in dem ein Senioren-Elvis und ein Farbiger, der sich für John F. Kennedy hält, mit dem Rollator auf die Jagd nach einer altägyptischen Mumie gehen, die den Bewohnern eines Altenheims den letzten Lebenssaft aus den Körpern saugt.

Ambrose sucht sich schon mal einen Grabstein aus. (Foto: OFDb Filmworks)

Ambrose sucht sich schon mal einen Grabstein aus. (Foto: OFDb Filmworks)

Sicherlich könnte Late-Phases-Drehbuchautor Eric J. Stolze niemandem glaubhaft machen, dass er diesen (auf seine Weise ebenfalls großartigen) Streifen nicht gesehen hat, und doch gibt es einige Unterschiede. Ganz im Gegensatz zum Coscarelli-Film, bei dem es sich eindeutig um eine Komödie handelt, zeichnet sich „Late Phases“, bis auf einige wenige Einsprengsel pechschwarzen, galligen Humors, durch eine ernste Grundstimmung aus. Denn im Prinzip geht es dem eher ruhig und bedächtig erzählten Film weniger um die Präsentation von Schock-Effekten (die im Vergleich zu anderen Genre-Vertretern ohnehin eher moderat ausfallen), sondern um eine schwierige Beziehung zwischen Vater und Sohn. Dabei trägt der erstklassige Hauptdarsteller Nick Damici, der nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Drehbuchautor bisher eher leidliche Bekanntheit erlangte, den Film in weiten Teilen quasi im Alleingang.

Ein Pluspunkt des Films ist die sorgfältige Machart

Er gibt dem ebenso zurückhaltenden wie zynischen Ex-Soldaten Ambrose ein erstaunliches Profil und sorgt dafür, dass der Zuschauer trotz seiner ungehobelten Art Sympathie für ihn empfindet und bei seinem letzten Kampf gegen die Bestie mitfiebert. Ein weiterer Pluspunkt des Films ist die sorgfältige Machart, die von der bedächtigen Dramaturgie über die gelungene Kameraarbeit bis hin zu den Handgemachten Effekten reicht.

Ambrose muss seinen treuen Hund begraben, den er nach dessen tapferem Kampf mit dem Werwolf von seinem Leid erlösen musste. (Foto: OFDb Filmworks)

Ambrose muss seinen treuen Hund begraben, den er nach dessen tapferem Kampf mit dem Werwolf von seinem Leid erlösen musste. (Foto: OFDb Filmworks)

Denn bei den Werwolf-Szenen wurde auf Computertricks augenscheinlich nahezu vollständig verzichtet und durch die Bank auf Handgemachtes gesetzt. Doch wo Licht ist, ist meistens auch Schatten, und die teils allzu überschwenglichen Kritiken in Bezug auf den Film sind dann letztlich doch ein wenig übertrieben. Gerade für Genre-Kenner ist die Story nämlich am Ende doch arg vorhersehbar, und trotz einer überragenden schauspielerischen Leistung nimmt man dem erst 54-jährigen Damici den Part des Rentners, der kurz vor seinem Tod nochmal ordentlich aufdreht, schon aufgrund seines zu jungen Aussehens nicht so ganz ab.

Hier muss man allerdings auch den Machern zugestehen, wohl in einer Zwickmühle gewesen zu sein, denn irgendwie mussten sie ja dem Publikum glaubwürdig machen, dass dieser Kerl auch körperlich noch halbwegs in der Lage ist, es mit einem doch ordentlich muskelgestählten Werwolf aufzunehmen. Und dennoch: ein Senior, der dazu noch vollkommen blind ist, wäre mit dem Kampf gegen ein solches Untier wohl leicht überfordert, Vietnam-Veteran hin oder her. Trotzdem ist „Late Phases“ unter dem Strich ein solider Genre-Film geworden, der dem Werwolf-Thema einige neue Seiten abgewinnen kann und schon deshalb einen Blick Wert sein sollte.

Die DVD/Blu-ray ist bei OFDb-Filmworks erschienen und hält als Extras neben zwei Trailern einen nicht untertitelten Audiokommentar des Regisseurs, ein „Making of“ sowie die Featurette „Early Phases – Werewolf Diaries“ bereit.

(Foto: OFDb Filmworks)

(Foto: OFDb Filmworks)

Bewertung 3,5 von 5 Punkten

Late Phases
(Late Phases)

Genre Horror

FSK ab 16 Jahren (uncut)

Laufzeit ca. 92 Minuten (DVD)

Produktion USA 2014

Ton/Sprache (DVD) Deutsch (Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)

Kategorie: Angeguckt, Film & TV

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In einer Ramsch-Kiste mit Taschenbüchern wurde ich, gerade mal 10 Jahre alt, fündig. Das – wie ich im Nachhinein feststellte – inkompetenteste Film-Nachschlagewerk dieser Erde, „Das Lexikon des Science-Fiction-Films“ von Roland M. Hahn, weckte mein Interesse für bewegte Bilder. Ich „zerlas“ es völlig (und auch seine nicht weniger missratenen Nachfolger über die Genres „Fantasy“ und „Horror“). Echtes Interesse für die Pop- und Rockmusik kam dagegen erst Jahre später – mit der ersten eigenen kleinen Hifi-Anlage und der CD „The Road to Hell“ von Chris Rea.

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